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 Beitrag Verfasst: 28. Nov 2012, 16:01 
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Quelle: www.fussball.de
Von Sven Winterschladen

Es ist nachmittags. Der 18. Dezember 2007. Ein paar Tage später will er mit der Familie nach New York fliegen. Shoppen in Manhattan, Weihnachten auf dem Times Square. Aber schon seit einigen Stunden geht es Eugen Hach nicht gut. Der ehemalige Abwehrspieler und Trainer fühlt sich schlecht, ihm ist schwindelig, Durchfall, er muss sich übergeben: "Ich dachte zunächst, dass ich eine Magenverstimmung habe, vielleicht einen grippalen Infekt."

Noch morgens hat er mit einem Mitarbeiter der Geschäftsstelle des SV Elversberg telefoniert. Hach ist dort Sportdirektor. Es ging um die Verpflichtung eines neuen Spielers in der Winterpause. Danach legt er sich ins Bett – "einfach etwas ausruhen, dann wird es schon wieder gehen." Dachte er. Nachmittags kommt ein Freund, er ist Arzt. Hach hat großen Durst, er bittet seine Frau um ein Glas Wasser. Das er doppelt sieht, dabei hat er doch keinen Schluck Alkohol getrunken. Er greift einmal daneben, er greift ein zweites Mal daneben. Dann trifft sein Bekannter die einzig richtige Entscheidung. Er packt ihn ins Auto und fährt auf dem kürzesten Weg ins nächste Krankenhaus.

"Ich habe das Leben ein zweites Mal geschenkt bekommen"

Er rettet ihm das Leben. Hach hatte einen Hirnschlag erlitten. 70 Prozent überleben diese Erkrankung nicht. "Ich bin dem Tod von der Schippe gesprungen", sagt Hach rückblickend. "Ich habe das Leben ein zweites Mal geschenkt bekommen." Er muss stundenlang operiert werden, danach liegt er zwei Wochen im Koma. Als er wieder aufwacht, sitzt seine Frau neben ihm. Im Kopf ist er klar, alle Erinnerungen kommen schnell zurück. Aber sein Körper reagiert nicht mehr auf seine Anweisungen. Er kann nichts mehr. Er kann nicht alleine auf die Toilette, er kann nicht laufen, nicht sitzen, nicht sprechen – er muss alles neu lernen. Er hat den Körper eines Erwachsenen, aber die Fähigkeiten eines Babys.

Wenn Hach heute, fast fünf Jahre später, daran zurückdenkt, muss er immer noch schlucken. Aber er ist auch stolz darauf, den nahen Tod bezwungen zu haben. Sogar die Rückkehr in den Fußball hat er geschafft. Beim Fünftligisten SC 05 Saar Saarbrücken hat er die Position des sportlichen Leiters übernommen. "Ich bin den Verantwortlichen unglaublich dankbar, dass sie mir diese Chance geben", sagt Hach. "Ich bin wieder absolut fit und sehe jetzt vieles mit anderen Augen. Man geht entspannter an einige Dinge heran. Was bedeutet schon eine Niederlage? Was bedeutet schon ein Sieg im Gegensatz zum Leben?"

Hach ist Fußballer durch und durch. Wer einmal dabei war, kommt so leicht nicht mehr davon los. "Mein ganzes Leben wird davon bestimmt. Meine Familie hat darunter sicher gelitten. Aber es ist meine Leidenschaft", sagt Hach. Deshalb treibt ihn auch eine Sache ganz besonders an: "Ich will zurück in den Profibereich. Entweder als Trainer oder als Manager. Ich mache nur noch, was ich mir wirklich zutraue, und diese Tätigkeiten gehören absolut dazu."

Reha, Qualen, Selbstzweifel

Als er selbst noch gespielt hat, war er ein harter Verteidiger. Kein Stürmer wollte gerne auf Eugen Hach treffen. Beim 1. FC Kaiserslautern, dem FK Pirmasens, Alemannia Aachen und dem 1. FC Saarbrücken stand er unter Vertrag. In 277 Zweitliga-Spielen hat er 20 Treffer erzielt. Danach wechselte er die Seite, wurde Trainer. Erneut Saarbrücken, erneut Aachen, dazu etwa Waldhof Mannheim, Greuther Fürth, Rot-Weiß Oberhausen, Eintracht Trier. Danach wurde er Sportdirektor beim SV Elversberg. Und dann kam der Hirnschlag.

Mittlerweile hat der 52-Jährige wieder alles gelernt, alles lernen müssen - monatelang Reha, monatelang Qual, monatelang Selbstzweifel. "Natürlich denkt man da manchmal an Aufgabe. Ich war teilweise fix und fertig mit der Welt. Ich habe in dieser Zeit Elend ohne Ende gesehen. Viele meiner Leidensgenossen waren zufrieden, als sie wieder aufrecht im Rollstuhl sitzen konnten", sagt Hach. "Ich wollte mich damit nicht abfinden. Als ich das konnte, wollte ich an einem Rollator gehen können. Als das klappte, wollte ich nur noch Walking Stöcke nutzen müssen." Und als er auch das erreicht hatte, folgte der letzte Schritt: die Rückgewinnung der kompletten Selbstständigkeit. Und auch das gelang noch. Früher auf dem Platz hatte er einen eisernen Willen. Der hat ihm jetzt den Weg ins zweite Leben geebnet. Auch wenn es sehr lange gedauert hat.

"Erfahrungen gemacht, die mich unheimlich geprägt haben"

Der Eugen Hach von heute ist im Grunde der Eugen Hach von vor fünf Jahren. Mit zwei großen Unterschieden: "Ich werde gegen einen 18-Jährigen keinen 100-Meter-Lauf mehr gewinnen. Dafür habe ich andere Erfahrungen gemacht, die mich unheimlich geprägt haben." Ansonsten ist eigentlich nichts zurück geblieben. Außer natürlich noch das Wissen, dass sein Leben am seidenen Faden hing. Ihm ist bewusst, dass er in den vergangenen fünf Jahren verdammt viel erreicht hat. Wahrscheinlich sogar mehr, als jemals zuvor.

Aber ganz zufrieden ist Eugen Hach dennoch nicht. Der letzte Mosaikstein fehlt noch: "Ich habe ein wichtiges Ziel, das mich jeden Tag antreibt. Ich will zurück in den großen Fußball. Und ich bin mir sicher, dass ich das schaffen werde. Ich brauche nur eine Chance. Es gibt fast nichts schöneres, als bei Wind und Wetter auf dem Rasen zu stehen." Aber haben seine Frau und seine Kinder denn keine Sorgen, dass er sich damit übernehmen könnte? "Nein", sagt er ganz entschlossen. "Niemand wäre stolzer als meine Familie, wenn ich die Rückkehr schaffen würde." Und dann beendet er das Gespräch mit einem Satz, der für ihn der größte Erfolg seines Lebens ist: "Ich bin wieder da."


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