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 Betreff des Beitrags: Wandervögel im Glück
 Beitrag Verfasst: 7. Dez 2013, 10:25 
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von Patric Cordier

Das hätte ihm wohl keiner zugetraut. Kenneth Kronholm galt vor Saisonbeginn als Wackelkandidat bei der SV Elversberg. Doch „Kenny“ hat sich durchgesetzt und ist derzeit mit der beste Torwart der Dritten Liga.

Wenn man Kenneth Kronholm einen „Wandervogel“ nennt, liegt man damit eigentlich nicht ganz verkehrt. Schließlich ist Fußball-Drittligist SV Elversberg für den Torhüter bereits die zwölfte Station seiner Erwachsenenkarriere – und das mit gerade einmal 28 Jahren. „Zwölf? Ich dachte es sind nur elf“, sagt Kronholm gespielt entrüstet, „da hast du wahrscheinlich auch die A-Jugend bei Waldhof Mannheim mitgezählt. Aber es gibt für jeden Wechsel Gründe – und zu jedem eine Geschichte.“

Die vielleicht spannendste ist aber die von einem Wechsel, der überhaupt nicht zustande kam. „Ich wäre einmal beinahe in England gelandet – soll ich erzählen?“, fragt der Torhüter und plaudert los, ohne auf die Antwort zu warten: „Das war damals nach meiner Zeit bei Fortuna Düsseldorf. Der Vertrag war ausgelaufen und die Fortunen wollten mich gerne behalten. Das Angebot war auch gut. Doch plötzlich bekam ich ein anderes. Der FC Barnsley aus der 2. Liga in England fragte an, ob ich nicht auf die Insel kommen wollte.“ Ein solches Angebot bekommt man nicht alle Tage, zumal in England die herausragenden Torleute „nicht auf den Bäumen wachsen“. Die Perspektive „Premier League“ vor Augen sagte Kronholm im Sommer 2007 der Fortuna ab und unterschrieb einen Vertrag bei den Engländern. „Ich habe dann alles verkauft.

Wollte ohne jeden Ballast dort anfangen“, erzählt der in Fort Belvoir in Virginia geborene Torhüter, „als ich dann da ankam, holte mich der Manager am Flughafen ab und eröffnete mir, der Verein hätte Heinz Müller als Nummer eins verpflichtet. Ich könne gerne bleiben, man würde den Veretrag erfüllen. Ich wäre aber nur die Nummer zwei.“ Aber er war nicht auf die Insel gekommen, um auf der Bank zu sitzen. Für ihn glücklicherweise hatte Thomas Oral, der damalige Trainer des FSV Frankfurt, großes Interesse an Kronholm. „Der wollte mich unbedingt, also haben wir das klargemacht“, erzählt Kenneth lachend, „plötzlich war ich wieder in Deutschland und fing in Frankfurt bei Null an. In England hatte ich nicht einmal die Handschuhe angezogen.“

Kronholms Lebensgeschichte beginnt 1985 in einer US-Militärbasis in Virginia. „Da bin ich geboren. Aber meine Mutter ist bald wieder zurück nach Deutschland“, blickt Kenneth zurück, „aufgewachsen bin ich dann bei meiner Oma und Tante in Oftersheim. Da hatte ich drei Sportplätze direkt vorm Haus.“ Die tiefe Verbundenheit mit Oma und Tante zeigen heute zwei Tätowierungen zwischen seinen Schultern. Ein Kreuz ziert sein rechtes Handgelenk. Klein Kenneth konnte sich zunächst nicht entscheiden, ob er nun Handball- oder Fußballspieler werden wollte. Irgendwann entschied er sich für den größeren Ball – die Entscheidung fürs Tor fiel in der B-Jugend. „Damals hatten wir einen Torwart-Engpass. Unser Trainer Udo Huber meinte dann, das sehe sehr gut aus bei mir. Also haben wir es probiert.“

Nach dreimonatiger Arbeitslosigkeit 2012 war die SV Elversberg auch irgendwie „was probiert“. Doch Kronholm erkämpfte sich einen Stammplatz. Doch großartigen Paraden folgten jedoch oft auch eher „unglückliche“ Situationen. „Gerade in der Rückrunde konnten wir durch die vielen Nachholspiele kaum trainieren. Da war es schwierig ohne richtigen Rythmus“, sagt Kenneth, „das Gute war, dass man einen Fehler drei Tage später wieder vergessen machen konnte.“ Wie nahe Held und Depp gerade beim Torwart beieinanderliegen, zeigte Kronholm dann im zweiten Relegationsspiel gegen 1860 München II im Münchener WM-Stadion. „Dass das Spiel zunächst ausgefallen war (Unbespielbarkeit des Platzes wegen starker Regenfälle, Anm. d. Red.) passte irgendwie in diese verrückte Saison“, erinnert sich Kronholm, „es war etwas Besonderes, in der Allianz Arena aufzulaufen. Ich war mir im Kopf ganz klar. Ich erkannte jeden langen Ball. Sah jede Situation voraus. War super im Spiel – und dann mache ich den Fehler zum 1:0. Ich dachte nur Scheiße.“ Doch Kronholm behielt die Nerven und hielt die Bälle. Neben Abedin Krasniqi, dem Torschützen zum 1:1-Endstand, hatte Kronholm mit den größten Anteil am Aufstieg an diesem Tag.

Dennoch war Kronholm für einige Experten ein Wackelkandidat für die Dritte Liga. Der Verein holte mit Morten Jensen von Holstein Kiel einen echten Konkurrenten. „Ich habe nur gedacht, wenn ich gut trainiere und weiter mein Ding mache, kann mir keiner den Stammplatz wegnehmen“, sagt Kronholm, der im Gespräch ruhig und ausgeglichen wirkt, auf dem Platz – typisch Torwart eben – auch so richtig aus sich rausgehen kann: „Neulich hat mit Felix Dausend aus kurzer Distanz voll ins Gesicht geschossen. Alle kamen und fragten, ob die Nase gebrochen sei. Das war mir aber sowas von egal. Ich habe nur gefragt, ob ich den Ball gehalten habe.“ Kenneth lacht und erzählt von einem guten Verhältnis zwischen ihm, Jensen und Nachwuchstorwart Daniel Kläs. „Es gibt da keine Feindschaft. Es ist gesunde Konkurrenz.“

Konkurrenz, die Kronholm derzeit abgehängt hat. „Wir haben Gott sei Dank drei gute Torleute. Das bestätigt mir auch unser Torwarttrainer Sascha Purkett jeden Tag“, sagt SVE-Cheftrainer Dietmar Hirsch, „Kenneth macht seine Sache ausgezeichnet. So gibt er keine Gründe, warum man im Tor wechseln sollte.“

Keine Wechsel gibt es auch in Kronhoms Privatleben. Der Publikumslieblung – gerade unter den weiblichen Anhängern – ist nämlich Single und glücklich damit. „So kann ich mich ganz auf den Fußball konzentrieren“, betont der 1,89 Meter große Musikfan, „ich mag besonders Livekonzerte in kleinen Clubs. Aber es ist mir auch egal ob Ballermann-Musik läuft, 80er-Hits oder Schlager. Wenn es zu meiner Stimmung passt, bin ich dabei.“

Mit der SVE will er aber auch weiter in der Dritten Liga im Konzert der Großen dabei sein. „Wir können gegen jeden Gegner gewinnen“, sagt der ansonsten so lockere Kronholm ernst und mit voller Überzeugung: „Wir sind sicher keine Überraschungsmannschaft. Das sind Unterhaching, die mit ganz wenig Kohle wieder vorne mitspielen, oder Darmstadt, die eigentlich abgestiegen waren. Wer unsere Arbeit sieht, weiß, dass das keine Überraschung ist.“ Also wäre auch der Aufstieg mit der SVE irgendwann kein Wunder? Wir haben doch Relegationserfahrung“, sagt der Torwart jetzt wieder lächelnd, „wir gehen in jedes Spiel, um es zu gewinnen. Aber unser Ziel ist es, in dieser Saison erst einmal schnellstmöglich 45 Punkte zu erreichen. Alles, was darüber hinausgeht, ist für uns, den Verein und die Fans Bonus.“ Und es wäre eine weitere, erzählenswerte Geschichte aus dem Leben des Kenneth Kronholm.

Zur Person:
Kenneth Kronholm wurde als Sohn einer Deutschen und eines US-Amerikaners am 14. Oktober 1985 im US-amerikanischen Fort Belvoir geboren. Er wuchs aber in der Kurpfalz auf. Als Kind zunächst Handball-Spieler, begann Kronholm erst 1999 Vereinsfußball zu spielen. Erst in der B-Jugend wurde Kronholm Torwart, wechselte 2000 in die Jugend des SV Waldhof Mannheim. Später wechselte er zum VfL Wolfsburg.Seit 2004 spielte er nachfolgend für Jena, Worms, Düsseldorf, den FSV Frankfurt, Hansa Rostock, Trier, Waldhof, Regensburg sowie den VfR Mannheim. Seit Juli 2012 ist er bei der SV Elversberg unter Vertrag.


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