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 Betreff des Beitrags: „Es ging alles zu schnell“
 Beitrag Verfasst: 2. Mai 2014, 13:01 
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Quelle: www.magazin-forum.de
Interview: Dominique Rossi

Vor rund einem Jahr stieg Roland Benschneider als Sportdirektor mit der SV Elversberg in die Dritte Liga auf. Im Dezember wurde er nach einem Machtkampf mit Trainer Dietmar Hirsch freigestellt. Nun wechselt er zum Zweitliga-Absteiger Energie Cottbus. Im Gespräch mit FORUM blickt der 33-Jährige auf drei turbulente Jahre im Saarland zurück.

Vor elf Monaten gelang Ihnen gemeinsam mit Jens Kiefer das Unmögliche: Sie schafften den Aufstieg mit der SV Elversberg in die Dritte Liga. Mittlerweile sind Sie beide weg. Welche Erkenntnisse ziehen Sie daraus?

Dass Fußball schnelllebig ist. Nicht mehr und nicht weniger. Aber es ist auch keine neue Erkenntnis.

Das hört sich gelassen und entspannt an. Und überhaupt nicht verbittert.

Warum sollte ich verbittert sein? Ich hatte zweieinhalb sehr gute und erfolgreiche Jahre in Elversberg. Ich habe nach dem abrupten Ende meiner Spielerlaufbahn den angestrebten Sprung ins Management geschafft. Ich bin der SV Elversberg sehr dankbar, dass sie mir diese Chance gegeben hat. Das Ende hätte ich mir anders vorgestellt, aber das sind Dinge, die passieren im Fußball.

Im September warf Trainer Jens Kiefer die Brocken hin, kurz vor Weihnachten verloren Sie den Machtkampf mit seinem Nachfolger Dietmar Hirsch. Warum ist es Ihnen nicht gelungen, stabile Verhältnisse zu schaffen?

Sie müssen die Situation sehen, in der wir den Verein vorgefunden haben. Die SVE hatte durch das Engagement der Familie Holzer stabile Finanzen und eine teure Mannschaft. Viel mehr war da nicht. Dominik Holzer hat vor rund drei Jahren begonnen, den Verein breiter aufzustellen, zu professionalisieren. So sind Jens Kiefer und ich da mit ins Boot gekommen. Wir hatten Pläne, wir hatten Träume, wir haben die Rückrunde, in der wir vor selten mehr als 150 Zuschauern gespielt haben, genutzt, um den Kader neu zu formieren. Im Sommer 2012 haben wir entschieden, dass wir die Dritte Liga anpeilen möchten. Der Plan war, dass wir im ersten Jahr oben mitspielen, im zweiten Jahr einen ernsthaften Versuch starten und im dritten Jahr angreifen wollen. Am Ende sind wir im ersten Jahr aufgestiegen.

Das ging einfach zu schnell.


Warum zu schnell? Das Saarland hat sich doch offenkundig über einen zweiten Drittligisten gefreut.
Man muss die Feste feiern, wie sie fallen. Wir konnten schlecht sagen, wir wollen ja noch gar nicht aufsteigen. Aber schauen Sie mal, ich war offiziell noch in einer Umschulungsmaßnahme, Präsident Dominik Holzer wurde gerade 30 Jahre alt und war dabei ins Unternehmen Ursapharm einzusteigen. Jens Kiefer hatte nur den A-Schein. Wir waren ein Team von Anfang- bis Mittdreißigern und hatten darüber hinaus kein Stadion, sondern einen besseren Dorfsportplatz. Aber die Situation war schon skurril. Wir sind in München aufgestiegen und unser Trainer ist direkt mit dem Auto weiter nach Köln, weil seine Ausbildung zum Fußball-Lehrer begann. Wir hatten gar keine Zeit uns abzustimmen. Dominik Holzer fiel auch aus, weil er plötzlich ein Stadion bauen musste. Die Tage danach waren das reinste Chaos. Plötzlich haben Journalisten aus ganz Deutschland angerufen, jeder wollte etwas wissen. Und das bei einem Verein ohne hauptamtlichen Pressesprecher, ohne jegliche Struktur in der Öffentlichkeitsarbeit.

Der Saisonstart verlief entsprechend holprig, dann trat auch noch Jens Kiefer zurück. Man machte Sie damals dafür verantwortlich.

Wir hatten eine Mannschaft, die nur bedingt drittligatauglich war, darüber waren wir uns im Klaren. Durch Kiefers Abwesenheit sind Irritationen entstanden, weil die Kommunikation nicht so sein konnte, wie sie es hätte sein müssen. Der Präsident und ich waren uns einig, dass wir den Trainerstab verbreitern müssen. Ich habe mich damals auf eine externe Empfehlung verlassen und Werner Dreßel verpflichtet. Ich kannte ihn nicht, aber er hat menschlich überhaupt nicht zu Jens gepasst. Das war sicherlich ein Fehler und für diesen habe ich mich auch bei Jens entschuldigt.

Apropos externe Empfehlung: Im Sommer standen auffällig viele Spieler der Beratungsgesellschaft Soccer and More unter Vertrag. Man hat Ihnen stets eine große Nähe zu deren Chef Guido Nickolay nachgesagt. War nicht das auch ein Grund für die Probleme zu Saisonbeginn?

Es ist korrekt, dass Herr Nickolay über einen gemeinsamen Bekannten auf mich zukam, ob ich Interesse an einem Job in Elversberg hätte. Er hatte den Auftrag von Dominik Holzer, einen jungen Ex-Profi zu suchen, der mithelfen würde Strukturen aufzubauen. Die Einbindung von Soccer and More ging folglich von Herrn Holzer aus, nicht von mir. Zudem muss man wissen, dass in dieser Agentur mehrere Berater tätig sind. Sören Dressler, beispielsweise, hat gemeinsam mit Felix Luz, Timo Wenzel und mir beim FC Augsburg gespielt. Über diesen Kontakt sind wir später auch auf Dominik Rohr­acker gestoßen. Ein Spieler seiner Qualität wäre ohne diese Beziehungen nie nach Elversberg gekommen. Einen anderen Soccer-and-More-Berater, Didier Philippe, kannte Jens Kiefer aus gemeinsamen Saarbrücker Zeiten. Wir haben im Sommer zehn Transfers gemacht, es gab lediglich zwei Personalien bei denen Jens und ich unterschiedlicher Meinung waren.

Und dann kam der „Königstransfer“ Nico Zimmermann. Und der Ärger ging erst richtig los.

Na ja, zuerst trat Jens Kiefer zurück, weil in der Mannschaft Probleme aufgetreten sind, er mit Dressel nicht klarkam und wir schlecht gestartet sind. Zudem war er unter der Woche in Köln. Nebenbei lief die Verpflichtung von Nico Zimmermann ab. Ich muss ehrlich sagen, dass ich ihn nur flüchtig kannte, aber Dominik Holzer und sein Vater Frank waren Feuer und Flamme. Wir haben Nico regelrecht bekniet, ihm fast schon das Blaue vom Himmel versprochen, damit er kommt.

Aber der neue Trainer Dietmar Hirsch konnte mit ihm nichts anfangen. Warum wurde diese Personalie zu einem solchen Politikum?

Ich habe Dominik Holzer gebeten, keine Soccer-and- More-Spieler mehr zu verpflichten, weil nach Kiefers Rücktritt schon die wildesten Spekulationen entstanden waren, die vor allem mir negativ ausgelegt wurden. Aber er wollte Zimmermann unbedingt. Bei der Suche nach einem Nachfolger für Kiefer waren wir uneinig. Wir haben mit drei, vier Kandidaten gesprochen, ich hatte eine andere Lösung präferiert, konnte mich aber letztlich nicht durchsetzen. Hirsch hatte mich schon via Facebook kontaktiert, da war Jens Kiefer noch im Amt. Ich hatte den Eindruck, dass er unbedingt einen Job wollte. Er kam frisch von der Akademie, war voller Pläne und platzte fast vor Ehrgeiz. Ich war damals der Meinung, dass uns ein erfahrener Trainer besser zu Gesicht gestanden hätte.

Aber der Erfolg gab ihm zunächst Recht. Warum gelang es dennoch nicht, Zimmermann zu integrieren?

Hirsch hat zu Beginn den richtigen Ton getroffen. Und dann sind wir in eine Serie gekommen, aber im Erfolg macht man bekanntlich die größten Fehler. Nico mochte er irgendwie nicht und die Situation ist eskaliert, zumal auch Co-Trainer Dressel ständig an dem Spieler rumnörgelte. Man muss sich die Situation vorstellen: Präsident, Sportdirektor und Berater quatschen über Wochen auf den Jungen ein, dass er nach Elversberg kommt und dann lässt der neue Trainer ihn links liegen. Ich wollte den Spieler schützen und habe versucht, die Trainer zu einem fairen Umgang zu bewegen. Daraufhin wurde mir vorgeworfen, Herr Nickolay würde mich instrumentalisieren.

Und der Präsident?

Der hatte dann festgestellt, dass er sich da nicht einmischen möchte.

Eine Lösung war nicht mehr möglich?

Es hat im Verein eine erfahrene und besonnene Person gefehlt, die vermittelt und versucht zu ergründen, warum das Trainer-Team keine Verwendung für Zimmermann gesehen hat. Es war immerhin der teuerste Spieler mit der längsten Vertragslaufzeit. Es ging nicht darum, Zimbo in die Mannschaft zu drücken, diese Entscheidung muss immer der Trainer treffen. Ich wollte, dass alle Spieler gleich und fair behandelt werden. Das war bei Nico in keinster Weise der Fall.

Kurz vor Weihnachten kam es dann zur Trennung. Ein Schock für Sie?

Hm, am Ende eher sogar eine Erleichterung. In den Wochen zuvor herrschte stets eine enorme Spannung zwischen Hirsch und mir. Zudem wuchs die Unzufriedenheit im Kader aufgrund des persönlichen Umgangs mit einzelnen Spielern.

Nun ist Hirsch vor Kurzem entlassen worden. Eine Genugtuung für Sie?

Nein, ich habe es zur Kenntnis genommen. Mit dieser Art der Menschenführung kann man dauerhaft keinen Erfolg haben, das wäre schon sehr überraschend gewesen. Die finanziellen Mittel der SVE waren und sind beschränkt. Ich bin immer noch der Meinung, dass Jens Kiefer und ich eine Mannschaft zusammengestellt haben, die die Dritte Liga halten kann. Die SVE kann es ja immer noch schaffen, ich würde ihr es wünschen.

Haben Sie persönlich Fehler gemacht?

Jeder Mensch macht Fehler, das steht außer Frage. Ich sehe es eher so, dass sich im Leben alles ausgleicht. Wir hatten auch viel Glück, dass wir aufgestiegen sind. Und dieses Glück hat uns zu Saisonbeginn gefehlt. Hätte Jens Kiefer im Sommer bereits den Schein gehabt, dann wären wir heute vermutlich beide noch im Amt.

Würde der Sportdirektor Benschneider den Trainer Kiefer mit nach Cottbus nehmen?

(lacht) Man soll im Fußball nie nie sagen. Aber im Ernst: Jens hat jetzt erst mal Vertrag in Trier über die Saison hinaus. Mir war es wichtig, dass ich mich schon vor einigen Monaten mit ihm getroffen habe und wir die Probleme von damals analysieren konnten. Zwischen Jens und mir ist alles geklärt. Er ist menschlich und fachlich ein guter Trainer, der seinen Weg machen wird.

Und wohin führt der Weg des Sportdirektors Benschneider?

Bundesliga wäre ein Traum, die Zweite Liga muss das mittelfristige Ziel von Energie sein. Aber erst einmal geht es darum, den Abstieg zu verarbeiten und eine Struktur für die kommende Saison aufzubauen.


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 Betreff des Beitrags: Re: „Es ging alles zu schnell“
 Beitrag Verfasst: 2. Mai 2014, 13:16 
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Beiträge: 1952
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sehr interessant und glaubhaft wie ich denke...

_________________
Saarlandpokalsieger


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 Betreff des Beitrags: Re: „Es ging alles zu schnell“
 Beitrag Verfasst: 2. Mai 2014, 16:46 
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Registriert: 2. Jun 2013, 19:57
Beiträge: 1889
Wohnort: Elversberg
Absolut sachlcih und auch passend formuliert!

So langsam kommt dann wohl jetzt auch für die letzten Hirsch Jünger die Wahrheit ans Licht!

_________________
Wenn nicht jetzt wann dann, alles für die 2. Bundesliga!


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