Quelle:
www.magazin-forum.devon Philipp Häfner
In der Regionalliga Südwest soll eine chinesische Nachwuchs-Nationalmannschaft mitspielen – dafür fließen an jedes Team in der Liga 15.000 Euro. Der sowieso in die Kritik geratene DFB sammelt mit dieser Aktion nicht unbedingt Sympathiepunkte in Fußballdeutschland.Gewisse Trends nehmen auf Facebook relativ schnell Fahrt auf, das ist längst bekannt. Die Fanseite der U20-Nationalmannschaft Chinas stellt mittlerweile schon 5.600 Anhänger – Tendenz steigend. Das Titelbild dieser „Scherzseite“ ziert den Spruch: „Sojasoße statt Brause.“ Eine Anspielung auf RB Leipzig, ein weiterer Konfrontationspunkt der deutschen Fußballfans mit dem DFB. Dabei handelt es sich aber eher um eine scherzhafte Art und Weise mit etwas umzugehen, was viele Fußballfans in Deutschland – aber vor allem im Südwesten – dazu bringt, den Kopf zu schütteln. Einige Vereine sind durchaus einverstanden damit, in der kommenden Saison der Regionalliga Südwest zweimal gegen die chinesische U20 zu spielen und dafür dann 15.000 Euro zu kassieren. Solch ein Spiel spült zumindest ein wenig Geld in die klammen Kassen einiger Regionalligisten. Da die chinesische Auswahl über keine eigene Spielstätte verfügt, müssten die 19 Regionalliga-Clubs zweimal zu Hause gegen die Auswahl antreten. Wo das asiatische Team residieren wird, ist noch offen.
Vorausgegangen war dem Plan ein umfangreicher Kooperationsvertrag zwischen dem Deutschen Fußball-Bund mit dem chinesischen Verband im vergangenen November. Das Projekt wird auf höchster politischer Ebene unterstützt. So wurde im Dezember 2016 das Bundeskanzleramt in Berlin als Ort für die Unterzeichnung von drei Abkommen ausgewählt. Zudem zählen die Bundesregierung und die Regierung Chinas zu den Partnern von DFB und DFL.
Aber es gibt auch jede Menge ernsthafte Kritik, Hohn und Spott für die Pläne des Deutschen Fußball-Bunds (DFB), der Deutschen Fußball-Liga (DFL) sowie der Regierungen der beiden Länder, die den Deal Anfang Juli in Berlin in Anwesenheit von Chinas Staatspräsident Xi Jinping offiziell vorstellen wollen.
Fassungslosigkeit herrscht beim FK Pirmasens, der besonders heftig unter den Besonderheiten und Merkwürdigkeiten der Regionalliga zu leiden hat. Mit den Reserveteams von Mainz 05 und dem FSV Frankfurt rutschen zwei Mannschaften von oben in die Staffel Südwest. Einen Direktaufstieg gibt es nicht, Elversberg und Waldhof Mannheim sind in der Relegation gescheitert und bleiben der Liga somit erhalten. Die Folge: Pirmasens steigt nach einer ordentlichen Saison als Sechstletzter mit 42 Punkten aus der Regionalliga ab, die Zweite Mannschaft als Achter aus der Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar – zwangsweise. Die Verantwortlichen des Vereins aus der 40.000-Einwohner-Stadt im Pfälzerwald hatten deswegen eine Aufstockung der Regionalliga auf 20 Mannschaften beantragt. Das wird so wohl auch passieren. Nur, dass den letzten Platz eben nicht Pirmasens bekommt, sondern die jungen Chinesen. FK-Präsident Karsten Volberg sagt im Interview mit dem Magazin „11 Freunde“: „Die ganze Nummer ist eine Farce. Unser Antrag hatte nie eine faire Chance.“ Gleichzeitig hat er Verständnis für die Vereine, die gerne die 15.000 Euro mitnehmen: „Dafür, dass sowieso keine Stammspieler die Spiele machen werden, ist das eine ordentliche Summe. Und ich bin auch ehrlich: Hätte der DFB uns angerufen, hätten wir ebenfalls zugestimmt.“ Abgelehnt hat bisher nur Waldhof Mannheim und bezeichnenderweise stattdessen Pirmasens ein Freundschaftsspiel angeboten. Andreas Ring, einer von vier gleichberechtigten Präsidenten beim FK Pirmasens, hat aufgrund der Ereignisse der vergangenen Wochen sogar seinen Rücktritt erklärt. „Ich will und kann mit solchen Verbandsvertretern nicht mehr zusammenarbeiten. Das möchte ich mir nicht mehr antun“, sagte er auf seiner Abschieds-Pressekonferenz vergangene Woche.
Es geht nur ums FinanzielleHeftige DFB-Präsident Reinhard Grindel mit Chinas Präsident Xi Jinping.Kritik am China-Deal kommt auch aus Nordrhein-Westfalen. So ätzt Hajo Sommer, der Präsident von Rot-Weiß Oberhausen gegenüber dem Magazin „Reviersport“: „Die Regionalliga wird zu einer Kirmesliga, damit der FC Bayern München mehr Trikots in China verkaufen kann.“ Der Kollege Michael Welling von Rot-Weiß Essen merkt an: „In der Regionalliga gibt es dringendere Probleme als die Ausbildung chinesischer Jungnationalspieler.“ Zum Beispiel die Aufstiegs-Lotterie namens Relegation. Wellings Verein hatte mit einem Eintrag bei Facebook zu dem Thema einen mächtigen Heiterkeitserfolg gelandet und viel Zustimmung erfahren. Ebenso wie die Fanseite der U20 aus China. Rot-Weiß Essen hat sich darin schon mal für die Bundesliga-Saison 2018/19 angemeldet, zur Not auch außer Konkurrenz. Der Verein wäre dafür bereit, unter der Woche gegen die chinesische Altherren-Nationalmannschaft zu spielen. Für die kommende Spielzeit schlägt Essen eine Regionalliga mit 40 Mannschaften vor, Auswärtsspiele in der Karibik wären demnach sehr willkommen. Etwa 40.000 Lesern gefällt dieser ironische Beitrag, Tausende von Lästerzungen haben im Netz ihren Senf dazugegeben. Von „You‘ll never wok alone“ ist die Rede und von „Regionalliga süß-sauer“. Das Ganze liest sich dadurch eher witzig, die große Gefahr dahinter löst aber genau diese Reaktionen aus.
Der DFB schiebt als Begründung das Argument vor, dass somit das spielfreie Wochenende wegfällt und die Mannschaften im Rhythmus bleiben können. Die Frage ist dann aber, wieso es eine U20 aus China sein muss. Reicht dabei nicht die eigene U19 des Vereins? Oder noch logischer und wie bereits erwähnt: der FK Pirmasens? Die Interessen des DFB scheinen also doch nicht so sauber zu sein, wie sie vorgeben. Die Verbandsidee ist zweifelsohne kreativ und bringt Vorteile für Clubs wie die Offenbacher Kickers. Als Viertligist für zwei Tests auch noch mit 15.000 Euro bezahlt zu werden, ist für die oft klammen Regionalligisten kaum abzuschlagen. Transparenz vom DFB ist bei der ganzen Farce jedoch bisher nicht gegeben worden. Für die Behauptung, dass es mehr als die 285.000 Euro sind, die an die Regionalligisten ausgeschüttet werden, muss man sich jedoch nicht allzu weit aus dem Fenster lehnen. Sportlich hat der Auftritt von Chinas U20 keinen Wert, es geht für alle Beteiligten nur ums Finanzielle. In Zeiten des Aufstiegs von Red Bull und anderer Investoren, in Zeiten, in denen Deutschland so nach Fußballromantik lechzt, setzt der DFB erneut ein falsches Zeichen und vergisst seine Basis.