Quelle:
www.magazin-forum.devon Philipp Häfner
Die SV Elversberg bleibt in der 3. Liga das Maß aller Dinge, auch der Hallesche FC konnte den Lauf nicht stoppen. Obwohl die Saarländer mit Problemen zu kämpfen hatten.
Das nackte Resultat: 3:1 hieß es am Ende in Halle, der siebte Dreier aus neun Spielen, nur im prestigeträchtigen Saarland-Derby gegen den 1. FC Saarbrücken (0:2) ging die SVE bislang leer aus.
Der Lohn: Platz eins. Allerdings lief in Halle nicht alles rund. „Wir hatten eine gute Anfangsphase, dann geschwächelt", fasste Horst Steffen die erste Halbzeit zusammen, nachdem sein Team früh durch Torjäger Luca Schnellbacher in Führung gegangen war, aber ebenso schnell den Ausgleich kassiert hatte. Der Trainer machte dafür auch die lange Anreise von zehn Stunden verantwortlich, „da kommst du nicht ganz so aus dem Quark".
Aber, so fügte Steffen bei „Magenta Sport" an, „das müssen wir trotzdem besser machen". Das hatte sein Team dann auch in Durchgang zwei, obwohl Schnellbacher noch vor der Pause verletzt rausmusste. „In Halbzeit zwei waren wir dann konzentrierter und genauer." Und effektiv. Jannik Rochelt und Manuel Feil sorgten für die Treffer zwei und drei und damit für einen weiteren Sieg. „Es war ein hartes Spiel für uns, und wir mussten viel verteidigen", meinte Steffen, sein Team zeigte sich aber über weite Strecken äußerst stabil und abgezockt. Das sah auch HFC-Coach André Meyer so, sein Team „habe gegen die aktuell stärkste Mannschaft der 3. Liga verloren". Und Halle habe „heute einfach brutal die Grenzen aufgezeigt bekommen".
Lange Anreise als HandicapDie Gründe hierfür sind vielfältig. Die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive gewinnt Meisterschaften – diese uralte Fußballweisheit trifft auf die SV Elversberg nur bedingt zu. Zwar kann sich die SVE-Abwehrreihe mit nur neun Gegentoren aus neun Spielen sehen lassen, doch der Fokus liegt beim Südwest-Aufsteiger eindeutig auf der offensiven Durchschlagskraft. Ein Viererpack gegen 1860 München ließ die Saarländer geradewegs an den Löwen vorbeiziehen, noch dazu stellen die Saarländer nun das torgefährlichste Team der Liga (24 Tore). Kaum verwunderlich also, dass sich mit Luca Schnellbacher ein Elversberger derzeit an der Spitze der Torjägerliste befindet. Der 28-Jährige, der in der 3. Liga schon für Wiesbaden, Aalen und Münster aktiv war, ist jetzt in der Form seines Lebens. Doch es ist nicht nur Schnellbacher alleine, insgesamt konnte die SVE bereits elf verschiedene Torschützen in den eigenen Reihen verzeichnen. Für einen Aufsteiger ist das ungewöhnlich.
Typisch dafür war die Partie gegen 1860, denn dort waren acht verschiedene Spieler an den vier Treffern beteiligt. Erst zweimal blieb Elversberg in der laufenden Saison ohne Treffer. Sportdirektor Nils-Ole Book hat die Aufstiegsmannschaft mit Ruhe und Geschick noch einmal verstärkt. Der Ex-Profi ließ sich während der Transferperiode lange Zeit. Sachlich und überlegt verpflichtete der Aufsteiger gerade einmal sieben Neuzugänge, nur fünf Spieler verließen den Club. Eingespielter kann ein Team kaum sein. Bereits im Vorfeld der Saison waren sich die Verantwortlichen sicher, dass ein runderneuertes Gesicht für die 3. Liga nicht nötig sein wird. Die Rückrunde mit 17 Ligaspielen in Folge ohne Niederlage ist Vereinsrekord, zudem gab es noch den Sieg im Saarlandpokal.
So ist in Elversberg der Kader klug weiterentwickelt worden. Mehr als die Hälfte des Teams ist schon länger als zwei Jahre an Bord, das Grundgerüst um Manuel Feil, Robin Fellhauer, Kevin Conrad und Luca Schnellbacher steht also. Gegen 1860 München standen gerade einmal vier Neulinge in der Startelf, die sich bislang nahtlos in das bestehende Fundament der Saarländer eingefügt haben. Und die Neuzugänge, die kamen, sind fast alles Verstärkungen. Denn sieben Tore und sieben Vorlagen gehen auf das Konto der Neuen.
Insbesondere Marcel Correia überzeugte auf Anhieb als erst- und zweitliga-erfahrener Mann in der Zentrale – der 33-Jährige wurde direkt Abwehrchef, auch wenn er in Halle fehlte. Davor räumt Thore Jacobsen auf der Sechser-Position auf. In Magdeburg war er über Jahre Leistungsträger, dann zog es ihn nach Bremen – das war weniger erfolgreich. Auch ein Kreuzbandriss im letzten Jahr konnte den defensiven Mittelfeldspieler nicht umhauen, sodass sich nun die SVE über die Qualitäten als Abräumer freuen darf. Da fällt es kaum ins Gewicht, dass der zweitligaerfahrene Carlo Sickinger seit Wochen ausfällt. Überraschender ist da wohl schon der Aufschwung von Jannik Rochelt, der gar nicht mit der großen Fußball-Karriere geplant hat. „Es hat im ersten Aktiven-Jahr beim FC Memmingen ganz gut geklappt, und plötzlich kam ein Angebot vom FC Bayern", berichtete der Offensivspieler vor Saisonstart über sein Glück. Bei Bayern II und in Ulm galt der 23-Jährige zwar als Talent, doch der Durchbruch folgte erst in dieser Saison – drei Tore und vier Vorlagen stehen bereits nach acht Spielen in der Statistik. So gut war Rochelt, der unbedingt in die 3. Liga zurückwollte, noch nie. Und auch für seinen Trainer ist es eine Rückkehr. Horst Steffen hatte schon mehrere Anläufe in der 3. Liga gewagt.
Neuzugang Rochelt sticht aus dem starken Team herausSeine beste Zeit hatte der gebürtige Krefelder wohl bei den Stuttgarter Kickers, doch im dritten Jahr musste Steffen auch dort seine Koffer packen. Darauf folgten Preußen Münster und der Chemnitzer FC als Stationen, aber der Fußballlehrer blieb glücklos – allerdings konnten ihm die Erfahrungen aus 135 Drittliga-Spielen nicht mehr genommen werden. Davon profitieren nun die Elversberger, bei denen Steffen seit vier Jahren an der Seitenlinie steht und dem die Verantwortlichen auch vertrauten, als zunächst Waldhof Mannheim, dann der 1. FC Saarbrücken und schließlich die Zweite Mannschaft des SC Freiburg aufstiegen.
Im Gegensatz zu vielen anderen Aufstiegstrainern der vergangenen Jahre hat Steffen den Vorteil, dass er die Liga kennt und über Erfahrung verfügt. Der SVE-Coach weiß zudem genau, worauf er Wert legen wollte – das hatte er bereits im Interview mit dem Internetportal liga3-online.de im vergangenen Mai betont: „Wenn wir uns in der 3. Liga behaupten wollen, haben wir nicht viel Zeit, erst einmal Spieler ein halbes Jahr auf das Niveau zu bringen." Da sprach der künftige Tabellenführer, doch das ahnte damals noch niemand. Obwohl Steffen nicht mehr als Talent unter den Trainern gelten wird, ist der 53-Jährige auch noch längst kein altes Eisen.
Eine Floskel, über die er nur lachen wird. Denn ausgerechnet im Spitzenspiel mit 1860 München offenbarte der SVE-Coach seine taktische Raffinesse, indem er kurzerhand von der langjährigen Vierer- auf Dreierkette umstellte. „Die Jungs haben es gespielt, als hätten sie es schon immer so gespielt. Das ist echt außergewöhnlich, weil wir es in dieser Woche erst zweimal trainiert hatten", musste er nach Abpfiff selbst schmunzeln. Das sind die Gründe für den verdienten Höhenflug der SVE. Und es gibt keine Anzeichen, dass dieser nach der Pause enden wird.