Quelle:
http://www.magazin-forum.devon Dominique Rossi
Die SV 07 Elversberg blickt auf ein äußerst turbulentes Jahr 2013 zurück. Mit dem Aufstieg gelang der größte Erfolg der Vereinsgeschichte. Der Verlauf des ersten Halbjahres gleicht sportlich einer Achterbahnfahrt.Mit Volldampf ins Ungewisse – so könnte man das erste Halbjahr der SV 07 Elversberg bezeichnen. Sportlich steht die Mannschaft während der Winterpause auf einem Nicht-Abstiegsplatz. Doch harmonisch ging es an der Kaiserlinde nicht immer zu. Dies begann schon unmittelbar nach dem Aufstieg. Euphorisiert vom großen Erfolg verlängerte Trainer Jens Kiefer und Sportdirektor Roland Benschneider vertraute dem bestehenden Kader. Schnell stellte sich allerdings heraus, dass einige der unter Vetrag stehenden Akteure über keine Drittligatauglichkeit verfügten. Bei der Suche nach Neuzugängen tat sich die SV Elversberg lange Zeit schwer, stellte den Kader quasi auf den letzten Drücker zusammen. Als größtes Problem erwies sich die Abwesenheit von Aufstiegstrainer Kiefer, der ab Juli in Köln die Ausbildung zum Fußball-Lehrer absolvieren musste. Als zusätzlichen Co-Trainer verpflichtete Sportdirektor Roland Benschneider mit Werner Dreßel einen erfahrener, aber durchaus eigensinnigen Mann. Die Chemie des knorrigen Franken zum bodenständigen Saarländer Kiefer stimmte vom ersten Tag an nicht. Nach einem schwierigen Saisonstart ohne Sieg warf Coach Kiefer Ende August das Handtuch. „Ich müsste Dinge umsetzen, die ich aus Köln nicht tun kann. Dafür fehlt mir das Vertrauen“, lautete sein Fazit während einer Pressekonferenz, in deren Verlauf Vereinsmitarbeitern und Journalisten die Tränen in den Augen standen.
Unmittelbar nach Kiefers Demission verpflichtete die SVE auf Wunsch von Präsident Dominik Holzer Mittelfeldspieler Nico Zimmermann, der nach Holzers Aussage „das Gesicht der SVE der nächsten Jahren werden“ sollte. An dieser Personalie entzündete sich in der Folge ein interner Streit, dessen Auswirkungen sich wie ein roter Faden durch die Hinrunde ziehen sollte und dessen Ausgang ungewiss ist. Bei der Trainersuche ließ sich Sportdirektor Benschneider 14 Tage Zeit, entschied sich nach Rücksprache mit Präsident Holzer und Geschäftsführer Swen Hoffmann schließlich für den unerfahrenen Ex-Profi Dietmar Hirsch als Trainer. Dessen Einstand verlief famos. Gegen Burghausen und Leipzig gab es zwei wichtige Siege, danach setzte sich sein Team durch konstante gute Leistungen zunächst im Mittelfeld fest. Der Anschluss ganz nach oben wurde aber mehrfach verpasst, gegen Ende der Hinrunde geriet das Team dann in eine Krise. Die Auslöser hierfür sind vielschichtig. Zum einen wurde die SVE von einer Verletzungsmisere heimgesucht, die für einen Aufsteiger nur schwer zu kompensieren ist. Zum anderen gefiel sich Trainer Hirsch zunehmend in der Rolle des Zauberlehrlings, der die Mannschaft fast schon nach Gutdünken durcheinanderwirbelte. Torjäger Angelo Vaccaro fand sich so mal als „Sechser“ im defensiven Mittelfeld wieder, die Youngster Salif Cisse und Freddy Kyereh wurden auf fast allen Positionen außer im Tor eingesetzt. Nur zum prominentesten Neuzugang Nico Zimmermann fand Hirsch über Monate keinen Zugang. Spielte er zunächst von Beginn an, fehlte er schließlich im Kader. Beim Sieg gegen Jahn Regensburg stand er plötzlich in der Startelf, spielte ordentlich und bereitete zwei Treffer vor. Danach verschwand er wieder in der Versenkung. Der sensible Techniker, ohnehin noch nie ein Trainingsweltmeister, dem zudem stets der Ruf einer Diva nacheilt, fühlte sich zusehends ausgegrenzt und vor allem von Co-Trainer Werner Dreßel ungerecht behandelt. Die Personalie des Hirsch-Assistenten wurde zum Jahresende an der Kaiserlinde heiß diskutiert. Der erfahrene, aber sehr unkommunikative Dreßel soll Trainer Hirsch öfter in seiner Meinung beeinflusst haben, dieser spricht dagegen davon, dass er alle Entscheidungen im Trainer-Team abstimme. Auch in Fragen der Kaderzusammenstellung lief nicht alles rund. Ende Oktober erhielten vier Spieler die „Rote Karte“, darunter mit Daniel Jungwirth gar ein Fix-Punkt der Aufstiegself. „Sie werden kaum noch eine Gelegenheit haben, zu spielen“, sagte Hirsch. Sechs Wochen später dann die Rolle rückwärts. Jungwirth kam plötzlich auf der Position des ungeliebten Zimmermann wieder zum Einsatz, dem zwischenzeitlich sogar das Talent Gianni Gotthard vorgezogen wurde, der eigentlich ausgeliehen werden sollte. Zudem blähte Hirsch den Kader zusätzlich auf, in dem am Ende auch noch U23-Stürmer Sebastian Piotrowski regelmäßig zum Einsatz kam.
In Sachen Infrastruktur und Umfeld hat sich an der Kaiserlinde einiges getan. In Windeseile wurde das Waldstadion, wenn auch notdürftig, fit für die Dritte Liga gemacht. Der Zuschauerzuspruch hält sich dennoch in engen Grenzen, auch weil der Stadionbesuch auf der Baustelle Kaiserlinde noch kein wirkliches Vergnügen ist. Beachtliches hat der Verein dagegen in Sachen Marketing und Öffentlichkeitsarbeit getan, die SVE konnte viele neue Partner gewinnen.
Ausblick und Prognose:Entscheidend wird sein, ob die Verantwortlichen es schaffen, unterschiedliche Auffassungen in Detail-Fragen hinter dem großen Ganzen zurückzustellen. Die jungen Spitzenfunktionäre um Präsident Holzer, Sportdirektor Benschneider und Geschäftsführer Hoffmann müssen erkennen, dass Profifußball auch Führen und Durchgreifen, statt Moderieren und Aussitzen bedeutet. Der Dauer-Zoff um Nico Zimmermann muss in einer Weise geklärt werden, dass alle Beteiligten ihr Gesicht wahren können. Dietmar Hirsch wird lernen müssen, dass ein Trainer ein leitender Angestellter, aber kein Arbeitgeber ist. Viele Spieler loben seine Trainingsmethodik und seine Ansprache vor den Spielen. Kritisiert werden dagegen Wankelmütigkeit in Personalfragen und ein zu großer Einfluss von Co-Trainer Dreßel. Personell sollte die SVE nach der Winterpause wieder aus dem Vollen schöpfen können.
Forum-Tipp:Das von Kiefer und Benschneider zusammengestellte Aufgebot genügt gehobenen Drittligaansprüchen, vor allem, wenn sich das Lazarett wieder lichten sollte. Schaffen es alle Beteiligten an einem Strang zu ziehen, dürfte der SVE einer sorgenfreien Rückrunde entgegensehen. Bleibt die sportliche Linie diffus, dann könnte der Aufsteiger allerdings noch einmal in arge Abstiegsnot geraten.
Dominique Rossi