Quelle:
www.dfb.deElf Vereine in zehn Jahren. Wolfsburg, Jena, Frankfurt, Düsseldorf und Rostock hießen unter anderem Stationen von Kenneth Kronholm. Doch beim Drittliga-Neuling SV 07 Elversberg scheint der 28 Jahre alte Torwart jetzt sein Glück gefunden zu haben. Seit dem Sommer 2012 steht der Sohn einer Deutscher und eines US-Amerikaners zwischen den Pfosten der SVE. Nach dem Aufstieg in die 3. Liga in der vergangenen Saison sorgen die Saarländer jetzt auch in der neuen Spielklasse für Furore. "Der Saisonstart mit fünf Partien ohne Sieg war nicht optimal, aber dann hat der erste Dreier Kräfte freigesetzt", sagt Kronholm.
Aktuell stellen die Elversberger - nicht zuletzt dank Kronholm - eine der sichersten Abwehrreihen der Liga. Seit sechs Begegnungen sind die Saarländer unbesiegt, kletterten durch diese Serie bis auf Rang acht der Tabelle und befinden sich sogar in Schlagdistanz zu Rang drei. Lediglich drei Zähler beträgt der Rückstand auf den Tabellenplatz, der am Ende der Spielzeit zu zwei Relegationsspielen gegen den Drittletzten der 2. Bundesliga berechtigt. Im exklusiven DFB.de-Interview spricht Kenneth Kronholm über die Elversberger Erfolgsgeschichte, seine Nervenstärke bei Elfmetern, das in wenigen Monaten umgebaute Waldstadion an der Kaiserlinde und seinen späten Einstieg als Fußballer.
DFB.de: Nach einem durchwachsenen Saisonstart in der 3. Liga belegt die SV 07 Elversberg mittlerweile mit 21 Punkten den achten Rang. Wie fällt ihr bisheriges Fazit der Spielzeit aus, Herr Kronholm?
Kenneth Kronholm: Wir wurden von vielen Experten als Abstiegskandidat Nummer eins gehandelt. Da passte es, dass wir mit fünf Spielen ohne Sieg gestartet sind. Doch der erste Sieg hat Kräfte freigesetzt. Seitdem haben wir einen Lauf. Wir sind mit dem bisherigen Abschneiden sehr zufrieden, dürfen uns nun aber nicht ausruhen.
DFB.de: Mit dem neuen Trainer Dietmar Hirsch wurden 18 von 24 möglichen Punkten eingefahren. Wie erklären Sie sich den Aufschwung?
Kronholm: Zunächst einmal hat es einige Zeit gedauert, bis wir uns an das höhere Niveau der neuen Liga gewöhnt hatten. Außerdem kann sich Dietmar Hirsch voll auf die Aufgabe in Elversberg konzentrieren. Daher haben wir in den Trainingseinheiten mehr Zeit, können Automatismen einstudieren. Zuvor bei Jens Kiefer war die Doppelbelastung durch seine Ausbildung zum Fußball-Lehrer sehr hoch. Hinzu kommt, dass wir viele gleichwertige Spieler im Kader haben und der Konkurrenzkampf deshalb noch größer ist als in der vergangenen Spielzeit. Das macht sich positiv bemerkbar.
DFB.de: Was haben Sie sich zusammen mit Ihren Mannschaftskollegen in dieser Saison noch vorgenommen? Der Relegationsplatz zur 2. Bundesliga ist immerhin nur drei Punkte entfernt!
Kronholm: Jetzt plötzlich vom Aufstieg zu träumen, wäre vermessen. Unser Primärziel ist es, genauso weiter zu machen wie in den vergangenen Wochen. Wir denken nicht darüber nach, was passiert, wenn wir auch die nächsten Spiele gewinnen.
DFB.de: Ist ein vergleichsweise ruhiges Umfeld wie bei der SVE von Vorteil?
Kronholm: Auf jeden Fall ist es gut, dass wir nach Niederlagen nicht nur kritisiert werden. Das hilft besonders den jungen Spielern, schlechte Leistungen besser zu verkraften. Die Elversberger Anhänger sind sehr geduldig und unterstützen uns auch in schwierigen Zeiten.
DFB.de: Sie konnten ebenfalls mit starken Leistungen überzeugen, kassierten nur 14 Gegentore in 14 Spielen. Was macht Sie so stark?
Kronholm: Das ist nicht allein mein Verdienst. Die Zusammenarbeit mit meinen Vorderleuten funktioniert sehr gut. Durch die Siege haben wir alle zusätzliches Selbstvertrauen getankt. Das vereinfacht vieles.
DFB.de: Ihre Elfmeterquote in dieser Spielzeit ist überragend: Zwei von drei Strafstößen gegen die SVE wehrten Sie ab, der dritte ging über das Tor. Was ist ihr Erfolgsrezept?
Kronholm: Um ganz ehrlich zu sein: Das ist ein reines Glücksspiel. Ich habe keinen Zettel in meinem Schienbeinschoner versteckt. Ich bekomme zwar gute Tipps von meinem Torwarttrainer Sascha Purket, die ich umzusetzen versuche. Aber im Endeffekt entscheide ich mich spontan für eine Ecke und hoffe darauf, dass es die richtige ist.
DFB.de: Seit Anfang September hat Dietmar Hirsch als Trainer das Sagen in Elversberg. Wie unterscheiden sich Hirsch und sein Vorgänger Jens Kiefer, der die Mannschaft zum Aufstieg in die 3. Liga geführt hatte?
Kronholm: Jens Kiefer ist eher der ruhigere Typ, Dietmar Hirsch dagegen sehr emotional. Beide sind gute Trainer, die auf unterschiedlichen Gebieten ihre Stärken besitzen.
DFB.de: Zu Saisonbeginn wurde das heimische Waldstadion an der Kaiserlinde umgebaut. Die Folge war ein Umzug ins Saarbrücker Ludwigsparkstadion. Inzwischen konnte die SVE jedoch wieder ins umgebaute Waldstadion umziehen. Wie gefällt es Ihnen?
Kronholm:Es ist wirklich klasse, was der Verein in vier Monaten aus dem Boden gestampft hat. Nun kommen deutlich mehr Zuschauer zu unseren Heimspielen. Das haben wir uns hart erarbeitet. Durch gute Leistungen wollen wir unser Stadion von Spieltag zu Spieltag ein bisschen mehr füllen.
DFB.de: Waren die zusätzlichen "Auswärtsspiele" ein Nachteil?
Kronholm: Es war schon komisch, in einem 30.000 Zuschauer fassenden Stadion vor 800 Fans zu spielen. Das macht keinen Spaß. Die Elversberger Anhänger besuchen ungern das Saarbrücker Ludwigsparkstadion. Wir sind deshalb sehr froh, dass wir unsere Heimspiele jetzt wieder in Elversberg austragen können.
DFB.de: Die SV 07 Elversberg ist im Seniorenbereich bereits Ihr elfter Klub. Woran lag es, dass Sie fast nie länger als eine Spielzeit in einem Verein verbracht hatten?
Kronholm: Es gab bei jeder Station ganz unterschiedliche Probleme. Mal hat der Trainer nicht auf mich gesetzt, mal gab es beim Verein finanzielle Probleme. Das Wichtigste für mich war immer die Spielpraxis, die ich leider zu selten bekommen habe. Das ist nun in Elversberg anders.
DFB.de: Was unterscheidet die SVE von Ihren bisherigen Vereinen?
Kronholm: Hier passt einfach alles. Mit Dietmar Hirsch haben wir einen hervorragenden Trainer, der Zusammenhalt in der Mannschaft ist ausgezeichnet und auch die Möglichkeit, in Ruhe zu arbeiten, gefällt mir. Das Gesamtpaket stimmt in Elversberg einfach.
DFB.de: Vor dem Engagement bei der SVE waren Sie drei Monate ohne Verein. Haben Sie damals bereits über ein Karriereende und eine berufliche Neuorientierung nachgedacht?
Kronholm: Nein. Gleich nach dem finanziellen Kollaps meines damaligen Vereins VfR Mannheim durfte ich mich bei der SVE fit halten. Glücklicherweise konnte ich mich schnell für einen Vertrag empfehlen und hatte somit die Gewissheit, dass ich ab der Saison 2012/2013 für Elversberg spielen würde.
DFB.de: Sie hatten bis zur C-Jugend gar nicht Fußball gespielt und sich erst mit 14 Jahren in einem Verein angemeldet. Weshalb haben Sie erst so spät mit dem Fußball angefangen?
Kronholm: Ich stamme aus einer Handballer-Familie. Mein Großvater Edwin Muth war sogar deutscher Handball-Nationaltorwart. Da war Fußball nicht unbedingt sofort die erste Wahl. Ich habe als Kind oft mit Freunden auf dem Bolzplatz gespielt. Irgendwann bin ich mal mit einem Freund zum Training gegangen, und schon war ich angemeldet. Erst habe ich als Stürmer gespielt, bin dann aber doch lieber ins Tor gewechselt.
DFB.de: Wie schalten Sie vom Fußball ab?
Kronholm: Das muss ich gar nicht unbedingt. Ich übe meinen Job gerne aus und liebe es, auf dem Trainingsplatz zu stehen. Wenn ich frei habe, fahre ich zu meiner Familie, die im rund 150 Kilometer entfernten Heidelberg wohnt. Dort kann ich entspannen.
DFB.de: Wie lauten Ihre persönlichen Ziele?
Kronholm: Ich setze mich nicht unter Druck, dass ich in zwei Jahren unbedingt in der 2. Bundesliga spielen muss. Für mich ist wichtig, dass ich mich wohl fühle. Das ist in Elversberg der Fall. Daher mache ich mir aktuell keine Gedanken über die Zukunft. Es wäre riesig, irgendwann mit der SVE den Sprung in die 2. Bundesliga zu schaffen.
[mspw]