Quelle:
www.magazin-forum.devon Dominique Rossi
Beim Saarlandpokal-Finale zwischen der SV Elversberg und dem 1. FC Saarbrücken gingen die Emotionen hoch. Am Tag danach hatten sich die Verantwortlichen immer noch nicht beruhigt.
Der Aufreger des diesjährigen Saarlandpokal-Finales ereignete sich in der 24. Spielminute: SVE-Angreifer Julius Perstaller rutschte nach einer Hereingabe in Saarbrückens Schlussmann Ricco Cymer und traf den 22-Jährigen im Gesicht. „Ein Unfall“, sagte SVE-Trainer Roland Seitz anschließend. „Eine brutale, rücksichtslose Aktion, die zwingend hätte einen Feldverweis nach sich ziehen müssen“, entgegnete Saarbrückens Sportdirektor Marcus Mann, der sich auch am heutigen Vormittag nur schwer beruhigen konnte. „Da liegt einer deiner Spieler in der Kabine und hat das halbe Gesicht kaputt. Und dann sagt man dir auf Nachfrage, es sei keine Rote Karte gewesen und man solle ruhig sein. Das finde ich schon respektlos“, kritisierte der FCS-Sportchef Schiedsrichter Thorsten Braun. Cymer wurde umgehend in die Gesichts- und Kieferchirurgie der Uniklinik in Homburg transportiert, das genaue Ausmaß seiner Verletzung war am Dienstagmorgen noch nicht abschließend geklärt. „Er ist sehr, sehr schwer verletzt und das belastet uns weit mehr als das verlorene Pokalfinale“, sagte Mann. Dass der FCS am Ende 0:1 verlor, hatte er weniger der Stärke der Gastgeber, sondern eher seiner eigenen Mannschaftsaufstellung zu verdanken.
Trainer Dirk Lottner schonte absprachegemäß alle Stammspieler und wechselte den wieder genesenen Marco Kehl-Gomez wie vorgesehen nach 45 Minuten aus. In der Schlussviertelstunde stellte der FCS-Coach dann auf eine selbsternannte „Harakiri-Taktik“ um, orderte den kopfballstarken Abwehrspieler Oliver Oschkenat ins Angriffszentrum. „Wir wollten die Entscheidung, gewinnen oder verlieren. Eine Verlängerung galt es unter allen Umständen zu vermeiden.“ Der FCS lief in einen der sich zwangsläufig ergebenden Konter, Pierre Fassnacht legte den eingewechselten Kevin Koffi und den fälligen Strafstoß verwandelte Perstaller, der nach FCS-Ansicht nicht mehr auf den Platz gehört hätte. „Das macht das Ganze dann zu einem Treppenwitz“, sagte Mann und skurril wurde der Abend an der Kaiserlinde dann in der Tat noch. 92 Minuten waren gespielt, als nur einer der 6.600 Anwesenden das klare Foul von Elversbergs Leo Grech an Saarbrückens Christoph Fenninger nicht sah: Schiedsrichter Braun! Der Regionalliga-Referee, der einen rabenschwarzen Tag erwischte, entschied für alle sichtbar zunächst auf Eckstoß. In der darauf einsetzenden Rudelbildung ging unter, dass der Schiedsrichter offenbar von außen ein Signal bekam, doch auf Strafstoß zu entscheiden. Während auf dem Platz getreten und geschlagen wurde, stießen einige FC-Anhänger zwei Türen zum Innenraum auf, den Versuch auf das Spielfeld zu gelangen, unternahm allerdings niemand. „Dass ein paar Leute gegen eine Tür treten, bis sie aufgeht, ist überflüssig und davon distanzieren wir uns. Aber es stand kein Platzsturm zu befürchten, die Nummer hatte sich nach einer Minute wieder beruhigt. Warum er das Spiel unterbricht und die Polizei aufmarschieren lässt, ist sein Geheimnis. Die Verbände sollten diesen Tag der Amateure mal analysieren und sich dann fragen, ob sie nicht an der Eskalation mitschuldig sind“, sagte Mann.
Ein Geheimnis dürfte auch bleiben, wer denn nun die Strafstoß-Entscheidung getroffen hat. Verbandschef Franz Josef Schumann erklärte hinterher, es sei ein Linienrichter gewesen. SVE-Coach Seitz widersprach und sagte, ihm sei mitgeteilt worden, es habe sich um den Vierten Offiziellen gehandelt. Dieser stand aber mindestens 50 Meter entfernt. Es gibt auch noch eine andere Variante: Schiedsrichter-Obmann Volkmar Fischer hatte sich auf der Tribüne von Medienvertretern informieren lassen, dass es ein Foul gewesen sei. Daraufhin eilte er in die Kabine. Kam es dort zu einer Art saarländischem Videobeweis? „Unglaublich, so etwas habe ich noch nicht erlebt. Wenn er gleich Elfmeter pfeift, ist es okay. Aber dieses Theater zu veranstalten, ist absoluter Wahnsinn“, schimpfte Seitz, der dem Schiedsrichter-Gespann trotz des Sieges ein schlechtes Zeugnis ausstellte: „Sie waren unterirdisch.“
Es passte zum Abend in Elversberg, dass FCS-Ersatzkapitän Martin Dausch den Strafstoß in der Schlussminute an den Pfosten donnerte. Auch um diesen Fehlschuss ranken sich bereits Mythen. Verschoss der Routinier absichtlich, um seinem Team eine Verlängerung zu ersparen? „Kein Sportler denkt so, das wäre Quatsch“, widersprach Lottner, gestand dann aber ein: „Eine Verlängerung hätten wir nicht gebraucht. Wer weiß, was mit diesem unsicheren Schiri dann noch passiert wäre? Am Ende gehst du noch mit zwei Sperren nach Hause. Es ist okay so.“
Okay war für die SVE auch der Ausgang des Spiels. Die Art und Weise wie sich Seitz’ Team gegen einen FCS ohne Stammspieler präsentierte, hat dem Trainer allerdings auch nicht gefallen: „Es ist uns klar, dass wir einen Schnitt machen müssen. Es fehlt Tempo und insgesamt Qualität. Wir haben heute gesehen, warum wir in der Liga in dieser Saison keine Chance hatten.“ Sechs bis sieben Neue will die SVE noch holen, einer davon wird der Koblenzer Außenstürmer Kevin Lahn sein. „Wir sind uns mit ihm einig“, sagte Seitz, der in der Stunde des Erfolgs auch an die Aufstiegsspiele des FCS dachte: „Unsere Chancen sind sicher nicht größer, wenn der FC nächstes Jahr noch in der Liga ist. Ich hoffe, dass sie aufsteigen und wir nächstes Jahr folgen werden.“
Dass die Pokalniederlage Auswirkungen auf die Psyche seiner Spieler haben könnte, glaubt FCS-Sportchef Mann nicht: „Es war ein Stück weit einkalkuliert, dass es so kommen kann. Das schleppen wir jetzt nicht mit.“ Positive Nachrichten gab es bei den Blau-Schwarzen dann doch noch: Patrick Schmidt absolvierte die Trainingseinheit am Dienstag ohne Probleme und sein Angriffspendant Kevin Behrens, der vor einigen Tagen einen Tritt in die Wade bekam und pausieren musste, meldete sich ebenfalls zurück: „Am Abschlusstraining wird er komplett teilnehmen und Donnerstag spielen“, verspricht Mann.