Quelle:
www.magazin-forum.devon Philipp Häfner
Die SV Elversberg beendet das Spieljahr 2022 völlig verdient als Herbstmeister der 3. Liga. Alle Superlative wurden für die gezeigten Leistungen schon verwendet – von der 2. Liga will aber noch niemand etwas wissen.Über der Kaiserlinde hing dick der Nebel, es war ein nasskalter Novembertag. Das Wetter war also das Einzige, was an diesem Tag nicht strahlte und zu den Leistungen der SV Elversberg passte. Mit begeisterndem Offensivfußball und einer bestechenden Konstanz erspielte sich der Aufsteiger die Spitzenposition zum Jahresausklang.
Symbolisch das Topspiel gegen die U23 des SC Freiburg zum Abschluss. „Ich glaube, wir haben sehr, sehr gut verteidigt“, hob Trainer Horst Steffen die Arbeit vor dem eigenen Kasten hervor. Lediglich 14 Gegentore kassierte der Primus in den 17 bisherigen Partien. Hinzukommen 42 eigens erzielte Treffer, bedeuten knapp zehn Prozent der insgesamt erzielten Treffer der Liga (438). „Nach vorn wussten wir, dass wir immer torgefährlich sein können“, bestätigte auch Steffen. Am Ende stand gegen Freiburg II ein souveränes 3:0, das durchaus als Warnung an die Liga verstanden werden konnte. Dabei waren die Rahmenbedingungen gar nicht so optimal.
Von der Wetterlage abgesehen, musste Coach Steffen auch auf eine zentrale Stütze verzichten. So verletzte sich Abwehrboss Marcel Correia beim Aufwärmen. „Es wird eine Muskelverletzung sein“, konnte der 53-Jährige leichte Entwarnung geben. Einen Effekt hatte der Ausfall dennoch. So habe die kurzfristige Umstellung das Team zusätzlich „zusammengeschweißt“, vermutete der Trainer. So habe er vor dem Anpfiff „gesagt: Wir halten zusammen und zeigen, dass wir das kompensieren können.“ Entsprechend startete die SVE mit einer defensiven Dreierkette, die ihren Job mehr als ordentlich machte und nur „ein, zwei Halbchancen zugelassen“ habe.
Ein Teil dieser Dreierkette war Kapitän Robin Fellhauer, der die zentrale Rolle übernahm. „Vor der Saison haben uns wenige zugetraut, dass wir oben stehen und dass wir so spielen. Umso schöner ist es, dass es so ist“, freute sich auch der 24-Jährige nach dem 13. Sieg der Saison. Durch diesen setzt sich der Aufsteiger an der Spitze mit acht Punkten Vorsprung auf den zweitplatzierten 1. FC Saarbrücken ab. Zehn Punkte sind es bereits auf Rang vier. Bereits jetzt hat die SVE mehr Punkte auf dem Konto als in der bisher einzigen Drittliga-Spielzeit (2013/14 – 40 Punkte). Vom Aufstieg wollte dennoch niemand etwas hören. „Natürlich haben wir eine tolle Runde gespielt bisher und so viele Punkte geholt zu haben, ist bemerkenswert“, betonte Horst Steffen die bisherige Leistung, ehe er nachschob: „Das Thema 2. Liga wird immer wieder zum Thema gemacht, aber von meiner Seite eben nicht.“ Die Herbstmeisterschaft ist allerdings ein gutes Omen: Zwölf von 14 Halbjahres-Meistern sind am Ende aufgestiegen, zuletzt der 1. FC Magdeburg.
Die SVE hat die Liga überranntDoch auch Fellhauer bestätigte, dass das Team Step by Step agieren wolle. So sei das Saisonende noch „in weiter Ferne.“ Doch auch er nahm natürlich wahr, was die Mannschaft in dieser Saison leistet. „Wir glauben an uns. Wir wissen um unsere Stärke“, zeigte sich der Defensivspieler selbstbewusst, obwohl die Situation gar nicht zu fassen sei: „Wenn man den Abstand sieht oder die Punkteausbeute, dann ist das schon surreal.“ Ehe es in den verdienten Winterurlaub geht, wartet auf die SVE noch ein letztes Testspiel gegen Bundesligist Hoffenheim. Im neuen Jahr geht es direkt mit einem weitereb Topspiel in Wiesbaden weiter. Doch das ist erst in weiter Ferne. Bis dahin können die Ziele dann auch kommunikativ neu gesteckt werden. Nur bei einem Umstand war sich Trainer Horst Steffen sicher: Dass der Aufsteiger nicht absteigen wird nach den bisher erzielten 41 Punkten: „Da sollte nichts mehr passieren.“
Bei all den bereits genannten großartigen Leistungen ist die außergewöhnlichste noch gar nicht dabei: Elversberg verlor im kompletten Jahr 2022 nicht ein Auswärtsspiel. Weder in der Regionalliga Südwest noch in der 3. Liga oder im Saarlandpokal mussten sich die Mannen von Aufstiegscoach Steffen geschlagen geben.
Die Bilanz: 20 Auswärtsspiele, 17 Siege, drei Unentschieden, 58:11 Tore – eine mehr als beeindruckende Quote. Auch in der aktuellen Drittliga-Saison ist Elversberg die auswärtsstärkste Mannschaft der Liga und holte aus acht Partien in der Fremde stolze 20 Punkte. Kein anderes Profiteam blieb im gesamten Jahr 2022 auswärts ungeschlagen.
Zum Vergleich: Bayern München verlor in diesem Zeitraum vier Partien in der Fremde. Die beste Auswärtsleistung zeigte die SVE am ersten Spieltag beim Mitaufsteiger Rot-Weiss Essen. Elversberg war für viele Fans ein unbeschriebenes Blatt und wurde von den Buchmachern als Außenseiter gesehen, doch vor 16.347 Fans an der Essener Hafenstraße legten die Gäste los wie die Feuerwehr und führten bereits nach 26 Minuten mit 4:1 – am Ende siegte der Club aus dem Saarland 5:1. Das war das erste, dicke Ausrufezeichen in dieser Hinrunde und während die meisten, die es nicht mit der SVE halten und jeden Spieltag mit einem Einbruch gerechnet haben, haben die Elversberger einfach stetig weiter performt. Selbst die Niederlage gegen den FCS im heimischen Stadion warf die SVE nicht um, auch die Niederlage gegen den SC Verl tat dem Rhythmus keinen Abbruch. Bezeichnend: Nach jedem Spiel zeigte sich der Gästetrainer der jeweiligen gegnerischen Mannschaft selbst nach Niederlagen zufrieden und nicht selten fiel sinngemäß eine Aussage wie: Wir müssen auch schauen, gegen wen wir gespielt haben. Die SVE hat die 3. Liga überrannt und kann sich eigentlich nur noch selbst schlagen.