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 Betreff des Beitrags: Das Schicksal eines Vereins
 Beitrag Verfasst: 12. Mai 2017, 10:12 
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von Philipp Häfner

Die SpVgg Unterhaching steht schon längst als Meister der Regionalliga Bayern fest und trifft in der Relegation auf die SV Elversberg. Neben dem großen Fragezeichen Relegation stellen auch die finanziellen Anforderungen eine Herausforderung dar. Langfristig muss der Verein wieder in die Zweite Liga, sagt Präsident Manfred Schwabl.

Wir schreiben den 20. Mai 2000. Ein Tag, der für Bayer Leverkusen – im negativen Sinne – in die Geschichte einging. Die „Werkself“ von Trainer Christoph Daum gespickt mit Stars wie Michael Ballack, Oliver Neuville, Ulf Kirsten, Emerson und Zé Roberto trat am letzten Bundesliga-Spieltag beim bereits gesicherten Aufsteiger aus Unterhaching an. Nach der Vizemeisterschaft im Vorjahr hatten es die Rheinländer endlich geschafft, dem Rekordmeister aus München erfolgreich die Stirn zu bieten. Drei Punkte Vorsprung! Ein Unentschieden, und Bayer wäre erstmals deutscher Fußballmeister, das Lebenswerk von Manager-Legende Reiner Calmund vollbracht. Alles war vorbereitet: Die frisch polierte Meisterschale hatte der DFB nach Unterhaching geschickt, die Kopie schlummerte im Koffer ein paar Kilometer weiter im Münchner Olympiastadion, wo der zweitplatzierte FC Bayern München Werder Bremen empfing. 11.300 Zuschauer, das Stadion in Unterhaching prall gefüllt, Millionen vor dem Radio, und Herbert Fandel pfiff an – das Unheil für Bayer 04 nahm seinen Lauf, Haching gewann 2:0, und „Vizekusen“ war geboren.

Für Unterhaching war das aber die letzte große Errungenschaft der jüngeren Jahre. Nach dem Abstieg aus der Bundesliga 2001 ging es für den Verein bis auf ein kurzes Zwischenhoch Stück für Stück zurück in den Amateurfußball. Immer wieder mussten Vereinsmitglieder und Fans bangen, in welcher Liga und ob überhaupt in der kommenden Saison der Ball rollen würde. Im Herbst 2010 drohte dem Verein sogar die Insolvenz. Eine Millionenlücke im Etat konnte erst im letzten Moment gestopft werden, doch die Probleme waren meist nur aufgeschoben, nicht gänzlich aufgehoben. Bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am 18. Juni 2012 trat Engelbert Kupka dann als Präsident des Vereins zurück. Er stand 39 Jahre an der Spitze des Clubs, so lange wie kein anderer in der deutschen Profi-Fußballlandschaft. Den vakanten Posten übernahm Manfred Schwabl. Ein Mann aus der Region und erfolgreichen Zeiten als Profi beim FC Bayern München, dem 1. FC Nürnberg und dem TSV 1860 München, die ihm sogar Einsätze in der deutschen Nationalmannschaft bescherten. Seit 2010 fungierte er bereits als Nachwuchskoordinator, jetzt war er plötzlich Präsident und führt seitdem den Kampf um den Fußballstandort Unterhaching an. Kein leichtes Unterfangen mit zwei Profivereinen vor der Haustür, einer davon eine internationale Top-Adresse, wo für einen Transfer im Zweifel auch mal so viel überwiesen wird, wie die Spielvereinigung in einer ganzen Dekade für alle Spieler und den Vereinsbetrieb zusammen bezahlt.

2010 drohte dem Verein die Insolvenz

Schwabl gab das neue Motto aus: junge, hungrige und damit natürlich auch günstige(re) Spieler. Heute stellt sich die Spielvereinigung als „Ausbildungsverein“ auf. Das Ziel: Ausbildung auf höchstmöglichem Niveau. Nach dem vierten Platz im letzten Jahr, gelang der Spielvereinigung diese Saison die vorzeitige Meisterschaft in der Regionalliga Bayern. Der eingeschlagene sportliche Weg, den „Manni“ Schwabl bei seinem Amtsantritt vorgab, ist bisher von Erfolg gekrönt. In einem Gebilde aus jungen talentierten Spielern gibt es aber trotz der eher klammen finanziellen Situation des Vereins Spieler, die herausragen. Dazu gehören in erster Linie Dominik Stahl und der überragende Torjäger Stephan Hain. „Wir haben hier wieder Spaß am Fußball“, sagte Stahl auf die Frage eines Journalisten, ob es denn ein Rückschritt für beide Spieler war. Der Mittelfeldspieler ergänzt: „Wie kann wiedergewonnener Spaß ein Rückschritt sein?“

Es läuft. Hinter ihm und Stephan Hain liegen keine einfachen Jahre. Mit 1860 haben sie einen beinharten Abstiegskampf hinter sich, zweimal in Folge, waren zudem geplagt von Verletzungen. Insgesamt nur 14 Punktespiele hat Stahl in den letzten zwei Jahren für die Löwen absolviert, 13 sind es bei Hain, nicht das, was man sich erträumt. Dazu kamen jeweils zwei Einsätze in der so knapp wie glücklich überstandenen Relegation gegen Holstein Kiel. Dass 1860 überhaupt noch diese Chance bekam, war auch Hain zu verdanken. Sein Last-Minute-Treffer gegen Bochum bewahrte die Mannschaft wohl vor dem direkten Abstieg. Es war sein einziges Tor in drei Löwen-Jahren, „das haben sich beide Seiten anders vorgestellt. Verwundert war er also nicht, dass sein Vertrag nicht verlängert wurde: „Ich kam einfach nie richtig auf die Beine.“

„Wir haben wieder Spaß am Fußball“

Warum aber trifft er plötzlich wie am Fließband? 29 Tore in 26 Punktspielen für Unterhaching, eine starke Quote. Hain relativiert, dass dort „die Gegner schon noch ein Stück besser waren“, stellt aber vor allem das tiefe Vertrauen, das ihm hier entgegengebracht wird als Grund dafür heraus. Deshalb auch hat er sich nach Wochen des Nachdenkens für die SpVgg entschieden: „Ich habe von Anfang an gemerkt, dass sie große Stücke auf mich setzen.“ Hain konnte sich vor Vertragsunterzeichnung vom Verein und dessen ambitioniertem „Projekt Aufstieg“ als Trainingsgast ein Bild machen. Eigentlich war ein Verbleib bei der Spielvereinigung nicht geplant, Angebote aus höheren Ligen wurden durchaus erwartet, blieben aber aus. „Wenn es gar nicht anders geht, behalten wir ihn eben“, scherzte Manni Schwabl damals, und es wurde Realität. Stephan Hain ist einer der wichtigsten, wenn nicht sogar der wichtigste Spieler in einer jungen ambitionierten Hachinger Mannschaft, seine Quote ist in allen Regionalligen in dieser Saison unerreicht.

Doch diese Hachinger Mannschaft nur auf den herausragenden Stürmer zu reduzieren, wäre schlicht und ergreifend nicht fair. Der bereits genannte Stahl zählt zu den Leistungsträgern, auch Sascha Bigalke, ehemaliger Junioren-Nationalspieler spielt eine überragende Saison. Neben seinen 17 Toren stehen 23 Torvorlagen in seiner Vita, das macht 40 Torbeteiligungen in 30 Spielen. Auch wenn es hierbei um die Vierte Liga geht, ist dieser Wert unfassbar.

Abgerundet wird diese Mannschaft mit einem Durchschnittsalter von 23,7 Jahren mit einem Spieler wie Maximilian Nicu, der in seiner Karriere von der Bundesliga bis hin zu Nationalmannschaftsspielen alles erlebt hat. An ihm können sich viele junge Spieler orientieren und hochziehen. Die Mischung stimmt in dieser Saison bei der Spielvereinigung. Zig Spieltage vor Ende der Saison Meister, den Aufstieg aber noch lang nicht sicher. Eine weitere Posse in diesem Relegationsdrama in den Regionalligen. Vor allem die finanzielle Seite ist für die SpVgg das Fragezeichen, andere Voraussetzungen wie Flutlicht-Stärke oder Rasenheizung im Sportpark keine Hürden. Auch für die kommende Spielzeit sind Bankbürgschaften gefordert. Dafür liegen Absichtserklärungen vor – das Problem dabei ist vom DFB hausgemacht: „Die greifen erst, wenn feststeht, ob wir auch in der Dritten Liga spielen. Das wissen wir wegen der Aufstiegsspiele aber noch lange nicht“, so Schwabl, der seine Kritik wiederholt: „Die Relegation geht komplett am Thema vorbei. Man kalkuliert mit Werbeeinnahmen, die man nicht hat, weil man nicht weiß, ob man aufsteigt.“ Dass die SpVgg Unterhaching wie bereits erwähnt als Meister feststeht und somit als bester bayerischer Amateurverein für die kommende Runde im DFB-Pokal qualifiziert ist, ist für die Kalkulation positiv. Darüber hinaus hat der Verein allerdings wenige Möglichkeiten, an seiner Haben-Seite zu schrauben. Eine in der Vergangenheit hinlänglich praktizierte Methode wäre der Verkauf von Spielern. Im Falle konkreter Angebote vor dem Stichtag am 2. Juni könnten Transfererlöse nämlich für die kommende Saison angerechnet werden. Die Verträge mit allen Leistungsträgern wurden langfristig verlängert, der Kader für die kommende Saison steht laut dem Präsidenten. Was trotz einer überragenden Saison passieren kann, ist, dass der Aufstieg in zwei Spielen verspielt wird. Ein Szenario, mit dem sich bei der Spielvereinigung jedoch niemand beschäftigen will.

Wie die junge Mannschaft mit dem Druck der Relegation umgeht, bleibt abzuwarten, jedoch sind die Leistungsträger in diesen Sachen durchaus geübt. Das Schicksal eines kompletten Vereins wird sich in den Relegationsspielen am Sonntag, 28. Mai, zu Hause und am darauffolgenden Mittwoch, 31. Mai, in Elversberg entscheiden.


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