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 Beitrag Verfasst: 6. Dez 2020, 11:05 
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Quelle: fussball.de

Mit dem VfL Wolfsburg gewann Selina Wagner (30) zweimal die Deutsche Meisterschaft, den DFB-Pokal und die Champions League. Mit dem SV Göttelborn aus der Regionalliga Südwest strebt die U 20-Weltmeisterin von 2010 am Sonntag (ab 14 Uhr) gegen ihren Ex-Klub SC Sand "nur" eine Überraschung im DFB-Pokal an. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht Wagner mit Mitarbeiter Ralf Debat über ihre vielen Aufgaben.

FUSSBALL.DE: In der Frauen-Regionalliga Südwest ist der Spielbetrieb bis ins neue Jahr ausgesetzt. Wie gut konnten Sie sich auf das Duell mit dem Bundesligisten SC Sand im DFB-Pokal der Frauen vorbereiten, Frau Wagner?

Selina Wagner: Wir hatten das Glück, dass wir durch das Erreichen der zweiten Runde im DFB-Pokal noch in einem nationalen Wettbewerb vertreten sind. Daher haben wir knapp zwei Wochen nach dem Beginn des November-Lockdowns von den Behörden die Erlaubnis erhalten, wieder das Mannschaftstraining aufzunehmen. Seitdem dürfen wir wieder viermal pro Woche trainieren und konnten uns so auch gut auf das Duell mit dem SC Sand vorbereiten. Das war natürlich eine große Erleichterung für uns. Schließlich haben wir in dieser Saison noch einiges vor.

Zum Beispiel, das Achtelfinale im DFB-Pokal zu erreichen?

Wagner: Das wäre wunderbar, aber für uns nur ein möglicher Bonus. Wir wissen, dass der Unterschied schon zwischen der FLYERALARM Frauen-Bundesliga und der 2. Frauen-Bundesliga riesengroß ist. Zur Regionalliga ist er noch einmal ein Stück größer. Von daher haben wir nur eine sehr kleine Chance auf das Weiterkommen.

Bis Juni 2018 waren Sie selbst noch für den SC Sand in der Bundesliga am Ball. Wie schätzen Sie den Gegner ein?

Wagner: Seit meinem Abschied hat sich die Mannschaft stark verändert. Dennoch weiß ich, dass das Team in der Offensive über einige sehr schnelle Spielerinnen verfügt, die wir möglichst nicht ins Spiel kommen lassen sollten. Klar ist, dass der SC Sand durch den bisherigen Verlauf der Bundesliga-Saison nicht unbedingt mit riesigem Selbstvertrauen zu uns kommen wird. Hinzu kommt der Druck, gegen uns gewinnen zu müssen. Wie schon gesagt: Sand ist haushoher Favorit, wir sind der Außenseiter.

Dennoch: Wie könnte eine Überraschung gelingen?

Wagner: Ich denke, es wird wichtig sein, dass wir uns nicht nur darauf konzentrieren, unser Tor zu verteidigen. Wir wollen möglichst mutig auftreten und auch etwas probieren. Mal sehen, ob sich der SC Sand dadurch ein wenig beeindrucken lässt. (lacht)

Mit einem ganz "normalen" Regionalligisten bekommt es der SC Sand allerdings nicht zu tun, oder?

Wagner: Es stimmt schon, dass wir sehr ambitioniert sind. Im zweiten Jahr nach dem Aufstieg aus der Verbandsliga streben wir den Gewinn der Meisterschaft in der Regionalliga Südwest und den Aufstieg in die 2. Frauen-Bundesliga an. Wir haben hier vor zweieinhalb Jahren, auch in Kooperation mit dem benachbarten Männer-Regionalligisten SV 07 Elversberg und mit der Unterstützung einiger großzügiger Sponsoren, ein ehrgeiziges Projekt im Frauenfußball gestartet, das sich bislang gut anlässt. Von Profifußball kann aber noch längst keine Rede sein. Alle Spielerinnen sind noch in der Schule, absolvieren ein Studium oder sind berufstätig. Im ersten Jahr sind wir aus der Verbandsliga in die Regionalliga aufgestiegen. Dort waren wir als Neuling zuletzt Vizemeister hinter dem 1. FFC Niederkirchen. In dieser Saison liegen wir als Tabellenführer gut im Rennen, haben unsere ersten fünf Ligaspiele souverän gewonnen. Schade nur, dass die Saison dann unterbrochen werden musste, denn wir waren richtig gut drauf. Wir konnten zwar weiterhin trainieren, die Wettkampfpraxis fehlt allerdings. Ich bin selbst gespannt, wie sich das am Sonntag auswirken wird.

Der mögliche Gegner im Achtelfinale steht mit dem 1. FFC Turbine Potsdam bereits fest. Auch in diesem Fall hätte der SV Göttelborn als unterklassiger Pokal-Teilnehmer Heimrecht. Ist das noch ein zusätzlicher Anreiz?

Wagner: Auf Potsdam zu treffen, wäre sicherlich noch einmal eine andere Herausforderung, doch daran denken wir jetzt gar nicht. Das ist einfach zu weit entfernt. Damit das möglich wird, müssen wir am Sonntag einen extrem guten Tag erwischen. Und Sand einen schlechten.

Zu Ihren besten Zeiten wurden Sie mit der DFB-Auswahl U 20-Weltmeisterin, gewannen mit dem VfL Wolfsburg einen Titel nach dem anderen. Warum ging es irgendwann nicht mehr so weiter?

Wagner: Da haben sicherlich auch meine Verletzungen eine Rolle gespielt. Vor allem die beiden Kreuzbandrisse haben mich zu meiner Wolfsburger Zeit jeweils weit zurückgeworfen. Das erste Mal hat es mich nach dem WM-Titel mit der U 20 erwischt. Der zweite Kreuzbandriss hat mich dann kurz nach dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft 2013 die Teilnahme an den Endspielen im DFB-Pokal und in der Champions League gekostet. Das hat schon weh getan. Ein Jahr später war ich dann aber im Endspiel der Königsklasse dabei. Das war ein einmaliges Erlebnis. Vielleicht hätte es ohne Verletzungen auch einmal für eine Berufung in die A-Nationalmannschaft gereicht. Insgesamt trauere ich aber nicht meinen vielleicht verpassten Möglichkeiten hinterher, sondern bin absolut zufrieden mit meiner Karriere und würde alles wieder so machen. Sechs Jahre für das erfolgreichste Frauenteam Deutschlands spielen zu dürfen, ist ja auch nicht so schlecht.

Für den SC Freiburg und den SC Sand waren Sie nach Ihrer Wolfsburger Zeit ebenfalls noch in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga aktiv. Wie konnten Sie sich dann für einen Wechsel in die Verbandsliga motivieren?

Wagner: Entscheidend war das Gesamtpaket. Zum einen komme ich gebürtig aus dem Saarland und freue mich, wieder in der Heimat zu sein. Zum zweiten war klar, dass der Verein ehrgeizige Ziele verfolgt und neben mir auch noch eine ganze Reihe weitere Spielerinnen mit höherklassiger Erfahrung verpflichtet hat. So hat beispielsweise auch Anja Selensky in der Bundesliga gespielt, viele andere Spielerinnen sind zumindest um zwei Ligen nach unten gegangen, um wieder in der heimischen Region zu spielen. Für mich kam aber vor allem auch noch eine berufliche Perspektive hinzu. Neben meinem Engagement als Spielerin und stellvertretende Frauen-Abteilungsleiterin mit organisatorischen Aufgaben in Göttelborn bin ich hauptberuflich als Teammanagerin für die Männermannschaft der SV 07 Elversberg zuständig. So kann ich bereits jetzt wertvolle Erfahrungen außerhalb des Platzes sammeln. Ich möchte sehr gerne, auch später weiterhin im Fußball arbeiten.

Leistungsträgerin im Mittelfeld, stellvertretende Abteilungsleiterin, Teammanagerin: Wie bekommen Sie das alles unter einen Hut?

Wagner: Das ist manchmal in der Tat nicht ganz einfach. (lacht) Damit ich bei beiden Teams bei allen Spielen dabei sein kann, muss man beim Terminplan schon gut aufpassen. In der Regel klappt es aber. Bei den Frauen versuche ich, unseren Trainer und Abteilungsleiter Kai Klankert so gut wie möglich zu unterstützen. Noch umfangreicher ist die organisatorische Tätigkeit in Elversberg. Mir bereiten alle Aufgaben viel Freude, ich fühle mich dabei sehr wohl. Wie lange das allerdings noch in dieser Form möglich ist, wird man sehen. Es ist sicherlich auch davon abhängig, ob wir in die 2. Frauen-Bundesliga aufsteigen und die Männer vielleicht die Rückkehr in die 3. Liga schaffen. Dann könnte es in der Tat ein wenig eng werden. Dennoch hätte ich gegen einen Doppelaufstieg natürlich nichts einzuwenden.

Und wie wäre es mit einer doppelten Pokal-Sensation?

Wagner: Nicht auszudenken. (lacht) Das Männerteam der SV 07 Elversberg trifft kurz vor Weihnachten in der zweiten Runde des DFB-Pokals auf den Champions-League-Teilnehmer Borussia Mönchengladbach. Das ist noch einmal ein ganz anderes Kaliber als bei der 4:2-Überraschung in der ersten Runde gegen den FC St. Pauli. Die Männer sind ebenso krasser Außenseiter wie wir. Aber ganz bestimmt auch nicht komplett chancenlos.

Autor/-in: MSPW


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