Quelle:
http://www.magazin-forum.de (Danke an Silvia und Sandra für den Tipp!)
von Patric Cordier und Dominique Rossi
Den Saisonstart hatte sich die SV Elversberg in der Dritten Liga sicher anders vorgestellt. Nur zwei Punkte aus fünf Spielen und dann schmiss auch noch Trainer Jens Kiefer hin. Um seinen Rücktritt ranken sich die wildesten Verschwörungstheorien.Eigentlich stand vergangene Woche „nur“ die Pressekonferenz zum Auswärtsspiel beim Halleschen FC auf dem Terminplan: Doch die hatte es in sich. „Das Spiel in Halle wird mein letztes sein. Ich trete als Trainer der SV Elversberg zurück“, sagte Trainer Jens Kiefer.
Dem medialen Paukenschlag folgte auf Wunsch der Vereinsführung der Abschied in Halle. Jens Kiefer sagte leise Servus. Vergangenen Samstag kurz nach 16 Uhr endete die Amtszeit des 38-Jährigen beim Fußball-Drittligisten SV Elversberg. Die Pressekonferenz nach der 0:2-Niederlage der SVE beim Halleschen FC war die letzte Amtshandlung Kiefers. „Die Mannschaft hat alles gegeben, nochmal alles rausgehauen“, lobte Kiefer zum letzten Mal seine Jungs, „es fehlen nur Kleinigkeiten“, sagte Kiefer, „ich wünsche meinem Nachfolger, dass er diese Kleinigkeiten findet und abstellt.“ Wer die Nachfolge antreten wird, war bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch offen. Teammanager Roland Benschneider hatte bereits kurz nach der Bekanntgabe des Kiefer-Rückzugs ein klares Anforderungsprofil erstellt: „Wir suchen einen jungen Fußball-Lehrer. Hungrig, ohne Vergangenheit im Saarland und mit dem Willen, das Projekt SV Elversberg weiter nach vorne zu bringen.“
Seit Kiefers Rücktritt gehen im sonst so beschaulichen Elversberg die Wogen hoch. In Internetforen und via Facebook wurden wildeste Verschwörungstheorien verbreitet. Zum Buhmann auserkoren wurden dabei vor allem Manager Benschneider und Guido Nickolay, Gründer des Spielerberatungsnetzwerks Soccer & More. Immerhin zwölf SVE-Spieler lassen sich laut dem Portal transfermarkt.de von S&M vertreten. Schon nach dem Spiel gegen die Stuttgarter Kickers reagierte Präsident Dominik Holzer allergisch auf diese Gerüchte: „Als kleiner Verein ist es gut, dass wir auf ein externes Netzwerk zurückgreifen können. Wir holen die Spieler, die uns überzeugen. Punkt.“
Felix Luz wurde von Manager Benschneider verpflichtet. Sie spielten gemeinsam in Augsburg.
Die Diskussion um Soccer & More ist daher so grotesk, weil vor allem Ex-Trainer Kiefer die Dienste der Agentur in Anspruch nahm. Mindestens zwei Transfers liefen dabei über den früheren FCS-Trainer Didier Philippe, Lizenzinhaber von Soccer & More für Frankreich und Luxemburg. Zudem wollte Kiefer unbedingt die beiden luxemburgischen Angreifer Aurelien Joachim und Stephano Bensi verpflichten, die ebenfalls von Philippe angeboten wurden. Schon vor dem Saar-Derby gegen Saarbrücken wurde Kiefer darauf angesprochen: „Didier und ich kennen uns lange. Ich war sein Co-Trainer. Von daher verstehe ich diese Diskussion nicht.“ Die Gerüchte erscheinen noch umso absurder, wenn man weiß, dass Kiefer im Sommer erstmals einen Berater beauftragte, seinen Vertrag für die Dritte Liga auszuhandeln. Dabei handelte es sich ausgerechnet um S&M-Chef Nickolay. Der wundert sich ohnehin in diesen Tagen: „In der vergangenen Saison hat sich niemand darüber aufgeregt, wenn Spieler von uns nach Elversberg gewechselt sind. Mein Verhältnis zu Jens Kiefer ist und war immer bestens.“ Dass dies den Tatsachen entspricht, zeigt auch eine Begebenheit, die sich am Abend nach Kiefers Rücktritt abspielte. In einem Telefonat mit Nickolay bat der Ex-SVE-Coach um Hilfe bei der Job-Suche im kommenden Frühjahr. In die Schusslinie der Fans ist vor allem Manager Benschneider geraten. Er soll Transfers ohne Wissen von Kiefer mit dem Präsidium durchgesetzt haben. In der Tat gab es in den vergangenen Wochen zwischen Kiefer und Benschneider höchst unterschiedliche Auffassungen über die Zusammensetzung des Aufgebots. Während der Trainer wochenlang auf die Verpflichtung von Joachim und Bensi hoffte, verpflichtete Benschneider schließlich mit Felix Luz einen Angreifer, den er aus Augsburger Zeiten kannte und der nicht von Soccer & More betreut wird. Kiefer selbst will keine schmutzige Wäsche waschen, sagt lediglich: „Wenn Spieler kommen, die der Trainer kaum kennt, muss er vor Ort sein. Sonst entstehen Gruppen und Hierarchien, die man nicht beeinflussen kann.“
Knackpunkt der gescheiterten Beziehung war letztlich die Frage nach der Zusammenstellung des Kaders. Benschneider und Präsident Holzer hatten früh erhebliche Zweifel, ob die Qualität der Mannschaft ausreiche. Nach dem desaströsen Auftritt gegen die Stuttgarter Kickers wuchs der Druck auf Kiefer, grundlegende Veränderungen in der Mannschaft vorzunehmen. Dies hätte vor allem Führungsspieler der vergangenen Saison betroffen. Ein Schritt, vor dem Kiefer letztlich zurückschreckte. Menschlich verständlich, aber am Ende muss auch die Frage erlaubt sein, ob zwei Punkte aus fünf Spielen zur Legendenbildung taugen.
